16. Dezember

 Ist das der grüne Wandel?

Nachhaltigkeit scheint in Mode zu sein. Unzählige farbige Edelstahl-Trinkflaschen stehen auf den Tischen im Vorlesungssaal, die Produkte aus Seitan, Tofu und Co. erobern weitere Einkaufsregale und es gibt bereits Schuhe zu kaufen, die aus Plastikmüll fabriziert werden. Es gibt viele Möglichkeiten, die Umwelt zu schonen.

Oftmals wirst du dabei mit Anerkennung von Mitmenschen belohnt und kannst in deiner eigenen Komfortzone bleiben. Denn so einen grossen Unterschied macht es für dich nicht, ob du online die recycelten Sneakers oder diejenigen aus frischem Erdöl in deinen Warenkorb legst.

Doch ist dies der Wandel, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten? Reichen die bisherigen Bemühungen aus, um auch zukünftigen Generationen von Lebewesen ein Leben auf einer intakten Erde zu ermöglichen? Wie wird es weitergehen, werden wir mit kleinen Anpassungen weiterfahren oder wird es einen umfassenderen Wandel geben?

Solche Fragen schwirren mir im Kopf herum, wenn ich in einer Vorlesung ein Diagramm mit den steigenden CO2-Emissionen sehe oder im Radio von einem weiteren Hitzerekord höre. Ich kann es nicht einschätzen, wozu wir Menschen fähig sind, wie schnell wir in Zukunft reagieren werden oder auch nicht.
Welche Rolle spielen Vorschriften, berühmte Persönlichkeiten, Bildungsstätten, Werbung oder auch die Medien? Was oder wer bringt uns dazu, Gewohnheiten aufzugeben und Neues anzupacken?

~Nina

Wer sucht, der findet

«Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?» Dies ist die Frage, die Johannes der Täufer an Jesus richtete (Lk 7,19). Als ich diese Stelle im heutigen Tagesevangelium gelesen habe, war mein erster Gedanke: «Das ist nicht sein Ernst!» Johannes der Täufer hinterfragt tatsächlich, ob Jesus der angekündigte Messias ist. Johannes, der selbst der Bote war, um Jesus den Weg zu bereiten (Jes 40,3). So unglaublich ich diese Aussage finde, umso mehr beruhigt sie mich. Johannes der Täufer hatte Zweifel. Ich weiss nicht, wie es dir geht, aber ich werde immer wieder von Zweifeln heimgesucht. Fragen wie: «Ist Jesus wirklich Gott?» oder grundlegender: «Gibt es einen Gott?» tauchen immer wieder auf. Gerade durch mein Studium im Bereich der Naturwissenschaften begegne ich immer wieder Leuten, die meinen Glauben herausfordern. Aufgrund der Erkenntnisse der Wissenschaft könne man doch nicht mehr an einen Schöpfergott glauben. Solche Aussagen bringen mich immer wieder ins Wanken.

Wie sehr beruhigt es mich da, dass sogar Johannes der Täufer Zweifel hatte!

Im Matthäusevangelium lesen wir, dass Johannes zu dem Zeitpunkt im Gefängnis sass. Ich war noch nie im Gefängnis und kann mir nicht annährend vorstellen, wie das gewesen sein muss. Vor allem wenn man bedenkt, dass Johannes vor 2000 Jahren im Gefängnis sass und nicht in unseren «Luxusgefängnissen». Gerade in solch herausfordernden Zeiten werden unsere Grundsätze auf die Probe gestellt. Wenn ich allein und hungernd in einem Gefängnis sitze, kann die Wahrheit: «Gott liebt mich» sehr absurd erscheinen. Man versteht es nicht. Es übersteigt unser Verständnis.

Johannes macht in dieser Situation genau das, was ich auch machen würde. Was für einige widersprüchlich erscheinen mag, ist für mich die einzig richtige Reaktion. Wenn ich etwas nicht verstehe, dann will ich dem nachgehen, bis es sich mir erschliesst. In der heutigen Zeit bedeutet das, dass ich etwa das Internet durchforste, Bücher lese oder mich an einen Freund oder eine Freundin wende. Johannes der Täufer tat das Gleiche. Damals gab es zwar noch kein Internet, doch hatte er den grossen Vorteil, dass Jesus noch in der Nähe weilte, und so sandte er seine Jünger mit dieser Frage zu ihm.

Jesus antwortete auf die Frage wie folgt: «Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen, und Aussätzige werden rein; Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet (Lk 7,22-23).» Dabei zitierte er unterschiedliche Stellen des Propheten Jesaja, der ankündigte, dass der Messias diese Zeichen tun würde. Mit dieser Antwort räumte er alle Zweifel aus. Dies ermutigt auch mich, meine Zweifel jederzeit vor Jesus zu bringen.

Lasst uns also gerade in dieser Adventszeit aufbrechen und unseren Fragen nachgehen. Lasst uns die Reise antreten, die damals die Jünger von Johannes auf sich genommen haben, um Jesus neu zu entdecken und Antworten auf unsere Fragen zu finden.

Ich bin mir sicher, dass wir fündig werden, denn: «Wer sucht, der findet (Mt 7,8b)».

~Sarah-Joe

Lesung des Tages

Lk 7, 18b-23

Da rief Johannes zwei seiner Jünger zu sich, schickte sie zum Herrn und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? Als die Männer zu Jesus kamen, sagten sie: Johannes der Täufer hat uns zu dir geschickt und lässt dich fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten? Zu jener Stunde heilte Jesus viele Menschen von Krankheiten und Leiden und bösen Geistern und schenkte vielen Blinden das Augenlicht. Er antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde sehen wieder, Lahme gehen und Aussätzige werden rein; Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.

 

© Revidierte Einheitsübersetzung 2016

Erkennen lernen

Wir glauben heute die Welt weit besser zu verstehen als je zuvor. Also müsste es doch möglich sein, die sich häufenden aktuellen Weltprobleme allgemeingültig, gut und widerspruchslos zu lösen. Aber wir verstricken uns immer tiefer in ein Chaos, wo auch die scheinbar grundlegendsten moralischen Vorstellungen nicht mehr helfen (z.B. beim Umgang mit alten Menschen in der Coronakrise). Oft sehen wir die Widersprüche nicht, weil wir die Dinge nicht ganz konsequent durchdenken und uns stattdessen hinter Dogmen verstecken. Aber selbst für die scheinbar offensichtlichsten Tatsachen findet sich häufig irgendwo jemand, der das Gegenteil zu wissen behauptet – was nützt da noch «Geht und berichtet, was ihr gesehen und gehört habt»?

Jedes Wissen ermöglicht mir im Prinzip differenziertere Entscheidungen, aber jeder Versuch, eine Entscheidung objektiv alleine aus dem Wissen abzuleiten, führt immer mehr zu Problemen. Insbesondere, wenn die Entscheidung nicht nur mich selber betrifft. Eigentlich ist das kein Wunder: Wir wissen, der Mensch ist im Grundsatz frei, muss aber lernen, diese Freiheit auch zu leben. Dafür darf es keine externen Regeln geben, weder persönlicher (Lüste, Abneigungen etc.) noch wissenschaftlicher, moralischer oder religiöser Natur. Es erscheint also als ein notwendiger Schritt zu echter Freiheit, dass uns gerade immer mehr der Boden unter den Füssen wegbricht.

Dabei drohen wir natürlich vollständig im Chaos zu versinken. Oder wir finden rechtzeitig irgendwo einen Fixpunkt. Der müsste wohl tief in uns, quasi separat von der Welt, liegen und der Träger der Freiheit sein. Was bin ich also im Innersten? Wie steht mein innerstes Ich im Verhältnis zur Welt? Was ist Denken? Wie komme ich zu Gedankeninhalten? Was ist Wahrnehmung für dieses Ich und das Denken? Und so weiter.

Wenn man diese Themen in voller Tiefe durcharbeitet, kann man hoffen, dabei ein Fundament zu bauen, auf dem man grosse Zeitfragen beantworten und für fundierte, echt freie Entscheidungen verwenden kann. Dann kann man auch lernen, die Dinge ihrem Wesen nach zu sehen und bedeutungsvoll zu berichten, so dass «der, der kommen soll» in seinem Wirken erkennbar wird.

~Gabriel