6. Dezember

Wir brauchen Prophetinnen und Propheten.

Der Hauptperson des heutigen Evangeliums fehlt jeglicher Glamour. Würde Johannes der Täufer an einer Party der Eleganten und Gestylten auftauchen, würden ihm die meisten aus dem Weg gehen. Er ernährt sich einfach, fast mangelhaft. Womöglich verbreitet er einen strengen Geruch. Er zählt nicht zu den Menschen, in deren Gegenwart es gemütlich ist, sondern zu jenen, welche penetrant anecken. Unüberhörbar verbreitet er eine sehr moralische Botschaft. Bis heute prägt er unser Bild des Propheten, der Prophetin: Diese Menschen können die Welt nicht in Ruhe lassen. Sie reklamieren, was fehlt, und kündigen an, was kommt. Es geht ihnen um die Sache. Sie stellen sich nicht in den Vordergrund, sondern weisen auf die absolute Grösse in ihrem Referenzsystem, auf Gott hin.

Bemerkenswert ist, dass der Täufer dennoch auf grosse Resonanz stösst. «Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems» suchen ihn auf. Offenbar trifft er gerade den Nerv seiner Zeit. Offenbar empfinden damals zahlreiche Menschen, dass es so, wie es ist, nicht weitergehen kann. Sie sind sogar bereit, ihr Leben zu ändern, ihre Vergangenheit unvoreingenommen anzuschauen und bestimmte Gewohnheiten und Haltungen zu korrigieren.

Es gibt auch heute Frauen und Männer, die uns glaubwürdig beibringen, dass es so nicht weitergehen kann. Sie leben bescheiden. Vielleicht haben sie Brüche in ihrem Leben. Ganz sicher handeln sie gewaltlos und ziehen den langfristigen Blick dem kurzfristigen vor. Und wenn wir sie besser kennenlernen, lernen wir, dass sie beten oder Praktiken der Sammlung und Versenkung kennen und aus Quellen schöpfen, die grösser sind als sie selbst. Wir sind auf sie angewiesen. 

 ~ Franz-Xaver

Evangelium des Tages

Mk 1,1–8

Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn.

Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja – Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bahnen wird.

Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! -, so trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden. Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig. Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.


© Revidierte Einheitsübersetzung 2016