
Faszination «Cyborg»
Als Cyborgs werden am häufigsten Menschen bezeichnet, die durch technische Bauteile ergänzt sind – je nach Wortverständnis in unterschiedlichem Ausmass. Wo diese Verbindung nicht aus gesundheitlichen und kompensatorischen Gründen geschieht, geht es um das Vorhaben, die eigenen Leistungs- und Erlebnisfähigkeiten zu steigern. Diese Idee des Cyborgs fasziniert, und das Wagnis, hier neue Brücken zwischen menschlichen Körpern und Technik zu bauen, geht bei manchen sehr weit. Bei jenen, die dem Transhumanismus nahestehen, liegt das letzte Ziel darin, den menschlichen Körper und insbesondere die mit ihm einhergehende Sterblichkeit zu überwinden. In diesem Verständnis von Cyborg ist es Technologie, die den Menschen auf den Leib rückt und ihnen unter die Haut geht. Der Philosoph Günther Anders sprach in Hinblick darauf bereits Mitte des 20. Jahrhunderts selbstkritisch von der prometheischen Scham, weil sich Menschen hier, sich selbst demütigend, als Fehlkonstruktion verstünden.
Die Philosophin Donna Haraway wiederum thematisiert in ihrem Cyborg-Manifesto (1985) verschwindende Grenzen über jene zwischen Menschen und Technik hinaus. Ihr geht es auch um die längst brüchig gewordene strikte Abgrenzung von Mensch und Tier sowie um eine Überschreitung strikter Geschlechtergrenzen zwischen Männern und Frauen. Die imaginäre hybride Figur einer Cyborg und ihre gelebte Erfahrung strebt im Unterschied zu der eines Cyborg nicht nach Stärkung und Beherrschung, sondern untergräbt vor allem die Annahme einer festgelegten und verbindlichen Natürlichkeit, mit der Machtverhältnisse naturalisiert werden. Der ironische politische Mythos des Cyborg steht für eine Überwindung von Dichotomien wie jener von männlich-weiblich oder zivilisiert-primitiv und damit verbundenen hierarchischen Verhältnissen. Damit will Haraway nicht zuletzt Räume für einen sozialistischen Feminismus eröffnen.
Univ.-Prof. Dr. Anne Siegetsleitner, Professorin für Praktische Philosophie und Leiterin des Instituts für Philosophie an der Universität Innsbruck, wird in ihrem Vortrag diesen spannenden Themenkomplex beleuchten und zur Diskussion stellen.
Zum gemeinsamen Abendessen vor dem Vortrag seid Ihr ganz herzlich eingeladen. Damit wir besser planen können, bitten wir um Eure Anmeldung bis am Mittwochabend, den 13. November.